23/02/21

Nichts Inhaltliches

Ein unerschütterlicher Freund, dem es nach Belieben eine alte oder neue Freundschaft ist, und der immer damit abwechselt; man bewundert ihn dafür auch in der Fremde.

Ein gelernter Rheinländer, der dennoch das Evangelische mit dem Intellektuellen assoziiert.

Ein Ethnologe, für den die Kölner Stämme ebensoviel mit Karl May wie mit nordamerikanischen Mythen zu tun haben.

Ein Kosmonaut, der vom süßkindlichen Ethos des Post-Punk singt: genialer Dilettantismus der Neuen Deutschen Welle als Verwindung alternder Träume der Kinderlandverschickung (immer laut hören).

Ein versierter Kenner des deutsch-akademischen Stils, der zwar Adornos Prosa perfekt nachahmen konnte, es aber vorzieht das Aufblitzen der Dichtung in der Germanistik zu feiern.

Ein penibler Leser, der Heinrich Lausbergs Adresse auf den Umschlag der Rhetorik in die Sprachphilosophie schreibt.

Ein eilfertiger Re-Importeur von Gedanken, die einst (sei es etwa via Philip Merlan oder via Jacques Lacan) eigentlich deutsche Exporte waren.

Ein anglophiler Übersetzer, der aber statt einer bildungsbürgerlichen Haltung zu den Spiegelstadien des Universitätslebens (einer Gesellschaft aus Alten, die in Blindheit immer Ältere zeugen) eine stets despektierliche und amüsierte Distanz zur Elite hält.

Ein medienwissenschaftlich umtriebiger Professor, in dessen Interpretation die sozialtheoretischen Ausleger der ANT nach Latour nicht mehr auf die Annales Schule, noch auf Serres oder Greimas zurückgreifen, sondern auf die post-poststrukturalistische Praxis der Didaktik rekurrieren.

Ein zutiefst theoretisch Gelehrter, der sich selbst dennoch lieber als philologisch denn als philosophisch veranlagt sieht, jedoch keine konzeptuellen Mühen scheut, lächelnd und lesend.

Ein philomathischer Sammler, dessen Familie unter Büchern und Manuskripten verborgen sitzt, man weiß nicht genau wo sie sind, es gibt keine freie Ecke, es gibt kein Wort dafür, sie sind es zufrieden.

Ein querdenkender Literat, der Sigmund Freud als Dichter, aber Elias Canetti als Denker liest.

Ein Kollege, der selbst die Kollegen kennt, die man selbst noch nicht oder nicht mehr kennt, alles andere ist ihm undenkbar und unerträglich; wenn einander Unbekannte sich nähern, führt er sie weg voneinander, bis sie besser verstehen.

Ein junger und hochproduktiver Jubilar, dessen Bewunderer sich in einem Blog statt einer Festschrift zusammentun, von selber, und eine Liste von bemerkenswerten Umwegen kartographieren.