Still thirty seconds … in the eighth round!
Lieber Erhard,
wir sind Freunde geworden an einem sehr denkwürdigen Nachmittag am Rhein ….. in Bonn ….. wir kannten uns schon eine Reihe von Jahren ……. aber der Frust und die Verletztheit wahrscheinlich verloren zu haben … gemeinsam ……. führte uns auch persönlich zusammen – zu einer engen Freundschaft.
Wir redeten ganz lange und offen über uns und unser Leben ….. ich habe das erste Mal verstanden, wie speziell und interessant strukturiert Dein vorwissenschaftliches Leben war …. Deine wissenschaftliches hatte ich ja schon seit einiger Zeit aus der Nähe bei doch gewisser fachlicher Distanz verfolgen können.
Also wir beiden Kinder vom Dorf ….. mit dem nicht zerstörbaren Optimismus ausgestattet … der, wie Du vielleicht richtig unterstellst, daher rühren mag, dass wir die Enge des Dorfs hinter uns gelassen haben und uns auf der großen weiten Welt heimisch gemacht haben. Und wir fühlen uns natürlich auch verantwortlich für diese unsere (ganze) Welt ….. und wissen, dass wir sie verändern müssen, um sie noch lebenswerter für alle zu machen. Ich gehe da ja eher mit einer gewissen strategischen Naivität zumeist im Kleinen vor … Du bist ja eher der Stratege mit den großen Würfen und Visionen ….
Wir haben in enger Kooperation in Siegen praxeologische Wenden erdacht und erprobt, Du und Dein Umfeld in den Medienforschung, wir in der Informatik. Das hat am Forschungsstandort Siegen ein Profil entstehen lassen …. und wie in den guten alten Kreuzer-Zeiten kommen wieder die Besten, oder besser noch, die Interessantesten der Welt zu uns zu Besuch … man redet wieder über Siegen ……
Und ja, wir glauben doch beide an Thomas S. Kuhn, allerdings in einer uns eigenen aktivistischen Interpretation seiner Befunde ……. Du hast ein exzellentes akademisches Umfeld entstehen lassen in Siegen (und anderen Ortes), das die praxeologische Wende in der Medienforschung vorantreibt und erheblichen Einfluss auf die Nachbardisziplinen ausübt.
Es hat mir in den letzten Jahren so weh getan, zu sehen, wie Deine Krankheit Deinen körperlichen Aktionsraum und Dein Leben mitbestimmt … so traurig …….
Aber trotz Allem, auch in diesen krisengeschüttelten Zeiten bleiben wir Dorfkinder ja immer noch gestaltungs-orientiert optimistisch und hören gemeinsam unsere Ansage, die Ansage für die Underdogs: „Still thirty seconds ….. in the eighth round!“
Ich danke Dir, lieber Erhard, für Deine Freundschaft in den letzten vielen Jahren und für alles was Du für unseren Forschungsstandort getan hast.
Ohne Deine Brillianz, Vision und persönliche Integrität wäre Siegen nicht was es ist. Wir brauchen Dich noch sehr sehr lange …. in vielerlei Hinsichten …….
Hab einen tollen 60. Geburtstag …..
Dein,
Volker
Bonn, 23.02.21