25/11/23

Session 5 | 30 Nov 2023 | Ethnografische Sammlungen dekolonisieren – aber wie?


Lizenz: CC BY-NC-ND

Sammlungen an Universitäten sind Wissensräume, in denen Wissensordnungen verhandelt werden. Entwickelt haben sich diese Ordnungen vor allem im ausgehenden 18. und 19. Jahrhundert in einer heute meist als Globalisierter Norden gefassten Region. In diesem System sollte die Ethnologie als Wissenschaft für die Erforschung der „Anderen“ den Raum besetzen, den Michel-Rolph Trouillot als „savage slot“ (2003) sezierte. In ganz besonderer Weise scheinen ethnografische Sammlungen dieses Erbe dreidimensional zu verdinglichen.

Paule-Clisthène Dassi Koudjou, Isabella Bozsa und Rachel Mariembe untersuchen eine Elefantenmaske aus dem Königreich Fossong-Wentcheng (Kamerun), die Anfang des 19. Jh. von Adolf Diehl beschafft und an das Linden-Museum verkauft wurde. Durch einen Tausch kam die Maske 1971 nach Mainz. @A. Brandstetter, April 2023.

v.l.n.r.: Paule-Clisthène Dassi Koudjou (Konservatorin von Kulturerbe/ Fachrichtung Museum, Provenienzfoscherin, Verantwortliche für die Konservierung im Programm Route des Chefferies, Bafoussam Cameroun), Isabella Bozsa (Doktorandin, Leibniz Universität Hannover) und Dr. Rachel Mariembe (Archäologin, Museologin, geschäftsführende Leiterin (kommissarisch) des Département de Patrimoine et Muséologie, Université de Douala)

Im Zentrum des Vortrags steht die Untersuchung des Wissensraums ethnologischer (oder ethnografischer) Sammlungen an Universitäten. Wurden hier die kritischen Debatten der Ethnologie zu Othering und Repräsentation aufgegriffen? Gab es so etwas wie eine Repräsentationskrise ethnologischer Sammlungen? Könnten gerade in den unbotmäßigen, widerständigen und uns herausfordernden Dingen selbst, in solchen „Aufforderungen“ (Paul Basu), auch Antworten auf die Fragen nach dem Wie des Dekolonisierens liegen?

Weiterführende Literatur:

Brandstetter, Anna-Maria. 2019. “Dinge und Theorien in der Ethnologie: Zusammenhänge und Berührungspunkte”. In: Iris Edenheiser, Larissa Förster (Hg.): Museumsethnologie: Eine Einführung. Berlin: Reimer.

Blogbeitrag (ENG/DE) zum Workshop: Provenance Research and Contested Heritage of Colonial Contexts, 9.3. – 10.3.2020, Institut des Beaux-Arts (IBA) of the University of Douala


Anna-Maria Brandstetter ist Akademische Direktorin am Institut für Ethnologie und Afrikastudien der Johannes Gutenberg-Universität Mainz. Seit 1992 ist sie Kuratorin der Ethnografischen Sammlung der Universität Mainz. Ihre Lehr- und Forschungsschwerpunkte sind politische Ethnologie, Geschichts- und Erinnerungsforschung, Ethnologie der Dinge, Geschichte ethnografischer Sammlungen und ethnologische Provenienzforschung. Ihre Forschungsreisen führten sie in den Kongo (Kinshasa), nach Südäthiopien und Ruanda. Zu ihren Veröffentlichungen gehören „Contested Pasts: The Politics of Remembrance in Post-Genocide Rwanda“ (2010) und „Nicht nur Raubkunst! Sensible Dinge in Museen und universitären Sammlungen“ (2018), herausgegeben mit Vera Hierholzer (Open Access). Sie ist Mitunterzeichnerin der Heidelberger Erklärung „Dekolonisierung braucht Dialog, Expertise und Unterstützung“ der Direktor:innen und Leiter:innen ethnologischer Museen und Sammlungen im deutschsprachigen Raum, Mitglied der AG Koloniale Provenienzen (im Arbeitskreis Provenienzforschung e.V.) und Mitbegründerin des Netzwerks Koloniale Kontexte.