23/02/21

60 steps for Erhard

Tractatus psychologicus-therapeuticus

Die folgenden Prolegomena zu einer philosophischen Ethnomethodologie psychotherapeutischer Praxis wären undenkbar gewesen ohne Ludwig Wittgenstein, Harold Garfinkel und Erhard Schüttpelz, der mich die Schriften des Ersten mit den Augen des Zweiten (u.u.) zu lesen lehrte. Wer das Denken der drei kennt, wird ihre Spuren überall wiedererkennen.

  1. „Was gibt’s Neues, Watson?“ So beginnen Sherlock Holmes’ Untersuchungen; so ähnlich beginnt auch die Psychotherapie: „Was gibt es Neues, Herr Müller? – Wie geht es Ihnen heute?“ Wir wollen die Gedanken dingfest machen, die im Leben des Patienten ihr Unwesen treiben.[1]
  2. Wir bewegen uns durch die Gesellschaft der praktischen Syllogismen unserer Patienten und erforschen die Auswirkungen jener auf das gute Leben dieser.
  3. Wir bearbeiten die Philosophien unserer Patienten. Ihre Philosophien zeigen sich in ihren gedanklichen Wirklichkeiten, die in den Lebensformen entstanden sind, in die sie hineingewachsen sind.
  4. Als Heidegger Aristoteles’ Denken beschrieb, wollte er von dessen Lebensform nichts wissen. Doch wenn wir das Denken eines Menschen verstehen wollen, dann wollen wir Lebensgeschichte, Körper, Gefühle, Ausdruck, Stimmung, Liebe, Ziele, Wünsche, Arbeit; all das ist aufs Engste mit dem Denken verbunden (Wenn Heidegger anderer Auffassung ist, dann kümmert uns das nicht. Wir würden ihn als Patient aber willkommen heißen).
  5. Was die Philosophen über die Sprache gesagt haben, stimmt – und wir fügen hinzu: Sprache ist je individuelles Sprechen.
  6. „Das Denken umgibt etwas Magisches; es ist etwas Seltsames, da man es nicht sehen kann.“ – Ja, kann man es denn nicht sehen? Manchmal sehen wir etwas nicht, obwohl es offen vor uns liegt: Wie ein Mensch denkt, verstehen wir, wenn wir ihm beim Sprechen zuhören. Wir versuchen zu spüren, wie es sich anfühlt zu glauben, was er sagt; wir sehen sein Denken an seinem Körper, an seiner Sprache, an seinen Pausen, Blicken und Regungen – wie anders sollte es sein?
  7. Dass wir das Denken nicht mehr sehen können, ist Teil einer Symptomatik, die sich aus unserer Zeit ergibt. (Die Dominante eines Denkens hat die Eigenschaft sich auf Bereiche auszudehnen, in denen sie nicht mehr so funktional ist wie in dem Bereich, in dem sie ursprünglich erfolgreich war; vgl. das Problem erfolgreicher Kulturen, die hegemonial werden und dann zerfallen. So ist es auch mit dem Aberglauben an den Kausalnexus. Er kann dysfunktional werden. Die Unfähigkeit oder Unwilligkeit zu psychotherapeutischen Gesprächen kann in unserer Zeit zum Exzess technischer Anwendungen führen – Pat.: „ich komme nicht darüber hinweg, dass mein Mann sich von mir getrennt hat.“ Arzt: „Haben wir schon mal an EKT gedacht?“.)
  8. Die Unsichtbarkeit des Denkens erscheint uns als „natürliche Selbstverständlichkeit“ (Blankenburg), und wir erfinden wissenschaftliche Apparate, um das Unsichtbare sichtbar zu machen.
  9. Der Gedanke – was für ein Ding ist das? Wo steckt er? Diese Fragen können uns in die Irre führen. Wir gucken auf eine MRT-Aufnahme und ich denke: „Ein Bild hält uns gefangen“
  10. Zwei Kinder auf dem Weg in den Kindergarten. Sie halten sich beim Gehen an den Händen und gehen daher ruhig und sicher. Sie sind guter Stimmung. Die Sicherheit und Stimmung sind objektive Fakten. Sie sind da. Wenn wir nun fragen: „wo sind sie denn? Wie können wir sie wissenschaftlich feststellen?“, dann gelangen wir leicht auf einen Holzweg. Existiert denn die Sicherheit jenseits des Anderhandhaltensundmiteineandergehens? Die Sicherheit wird durch das Händchenhalten gemacht, erzeugt, es besteht darin und wird dadurch gelernt. Die Hirnzustände, die sich dabei ereignen, sind Folgen des Handelns. Uns interessiert primär die Operation, die zu ihnen führt. (Das Ergebnis der Operation können wir simulieren, etwa mit Tabletten. Wir nehmen eine Tablette ein und fühlen uns als ob wir an die Hand genommen wären. Hier ist der objektive Fakt, dass uns keiner an die Hand nimmt, wir immer noch alleine sind und das Ergebnis der Operation nur nachgebildet wird. Wir aber wollen die Kunst lernen, die Operation ausführen zu können.) Genauso verhält es sich beim Sinn, der durch eine Unterhaltung geschaffen wird.
  11. Eine Patientin zeichnet schöne Erlebnisse auf. Wenn es ihr schlecht geht, dann nimmt sie die Aufzeichnung zur Hand und liest sie – so wie sie eine Pille einnimmt – und es geht ihr besser. Sie verabreicht sich eine schöne Erinnerung. Diese nimmt sie allerdings nicht bloß passiv auf; sie macht sie in dem Moment und auch schon die Aufzeichnung musste sie machen. Schöne Erinnerungen haben daher eine dreifach antidepressive Potenz. Würden wir auf ihre Herstellung und Nutzung nur so viel Energie verwenden wie auf das sorgfältige Einnehmen unserer Pillen!
  12. „Unsere Drogen sind die Worte; wir verschreiben Gedanken.“ Das ist eine verführerische Formulierung: Gedanken können nicht verschrieben werden – sie müssen gedacht werden. Wie bringen wir die Patienten dazu, bestimmte Gedanken zu denken? Auch das Denken können wir nicht verschreiben – das Denken muss gemacht werden. Wir müssen die Patienten dazu bringen, denken zu wollen. (Insofern ist Psychotherapie vielleicht näher an der Rhetorik als an der Medizin, wobei in der griechischen Antike die Weisheitslehrer auftraten und behaupteten, sie wüssten was Weisheit sei; heute, in unserer Kultur, könnte Sokrates nach einer atemberaubenden Power-Point-Präsentation eines Psychiaters ein Gespräch über das Denken beginnen.)
  13. Unser Denken ist eine Tätigkeit, über die wir nicht genügend Klarheit haben, die aber massiv über unser Wohlergehen entscheidet.
  14. Schlafen, Essen, Kacken, Denken.
  15. Das Denken ist eine Tätigkeit, deren erfolgreiche Durchführung – wie die jeder anderen Tätigkeit – von der Erfüllung körperlicher Bedingungen abhängt. Bestimmte körperliche Bedingungen erleichtern diese Tätigkeit. Im Fernsehsessel sitzend kann man keinen Spaziergang machen. Aufstehen und Schuhe anziehen, Dehnen, Strecken etc. erleichtern das Gehen; der Spaziergang wiederum erleichtert das Denken.
  16. Ohne Gehirn können wir nicht sprechen – ja, so wenig wie ohne Mund oder ohne Erziehung. Nach allem was wir wissen (mit unseren wissenschaftlichen Mitteln), betrachten wir das Gehirn als eine notwendige Bedingung für unser Denken.
  17. Wenn die Benzin-Einspritzung verstopft ist oder nicht mehr regulierbar ist oder überschießt, dann muss das repariert werden. Genauso, wenn die Windschutzscheibe fehlt oder die Kupplung hakt. Denn ohne ist keine oder kaum eine Fahrt möglich. Doch über die Reisen, welche der Fahrer unternimmt, wenn der Wagen aus der Werkstatt kommt, ist damit noch nichts gesagt.
  18. Es ist ein toller Effekt, wenn das Auto nach Austausch des Keilriemens wieder fährt. Diese Erfolge der Mechaniker sind nicht genug zu loben – doch sollte man von dem Erfolg beim Wechseln des Keilriemens nur sehr vorsichtig auf die Kompetenz schließen, den Gebrauch des Fahrzeugs zu lehren. – Fragen wir den KFZ-Mechaniker, wohin wir in Urlaub fahren sollen, wenn er unser Auto hervorragend repariert hat? Vielleicht als Menschen, aber nicht als KFZ-Mechaniker. Vielleicht hinsichtlich der Frage, ob das Auto diese oder jene Streckenbedingungen aushalten könnte. Aber vermutlich diskutieren wir mit ihm nicht die Auswahl des Reiseziels sowenig wie die Musik, die wir beim Fahren hören wollen oder den Traum, den wir mit der Reise verwirklichen wollen. Und vermutlich auch dann nicht, wenn er uns eine schnelle Fortbildung vom Mechaniker zum Reiseberater mit schönen Zertifikaten und Ermächtigungen zeigen würde.
  19. Das Verhältnis von Denken und Gehirn (plus der restliche Körper) ist analog zu dem Verhältnis von geselligen Tischgesellschaften und Verdauungstrakt (plus der restliche Körper). Ärzte verschreiben medizinische Diäten und solche könnte es auch für das Denken geben. Aber sie stellen keine Speiseabfolge für ein Fest vor oder helfen uns bei der Wahl eines Gerichtes im Restaurant.
  20. Unsere Essgewohnheiten haben einen Einfluss auf den Zustand und die Beweglichkeit des Körpers. Unsere Reisen und die Kultur des Fahrens haben einen Einfluss auf die Mechanik des Fahrzeuges (Verschleiß, Pflege, Verwahrlosung etc.).
  21. Ein neues Antidepressivum ist wie ein Ölwechsel.
  22. Mache eine Inspektion bevor Du auf Safari gehst!
  23. Mediziner mit Psychotherapie zu beauftragen würde in manchen Kulturen so beschrieben, den KFZ-Mechaniker mit der Reiseplanung zu beauftragen. In anderen Kulturen würde man davon sprechen, den Bock zum Gärtner zu machen. In wieder anderen Kulturen erschiene die Nähe zwischen Psychotherapie und Medizin als „natürliche Selbstverständlichkeit“. Notwendig ist diese Nähe aber natürlich nicht. Wir könnten uns eine Zeit vorstellen, in der eine Nähe zwischen psychotherapeutischer Praxis und Theologie als natürliche Selbstverständlichkeit erlebt würde, oder die Nähe zur Philosophie oder zur Literatur.
  24. Psychotherapie findet im Raum von Sinn und Bedeutung statt. Denken heißt, sich in diesem Raum zu bewegen.
  25. Die Gedanken sind frei. Welchen Gebrauch machen wir von dieser Freiheit?
  26. Welche Geschichte erzählt der Patient aus welcher Erfahrung? Wenn wir fragen, wie er von dieser zu jener kommt, können wir seine Grundannahmen ermitteln.
  27. Die neuropsychologische Testung untersucht, welche Denkbewegungen überhaupt möglich wären. Unsere Grundannahmen dagegen sind die eingetretenen Pfade, in die wir beim Denken immer wieder rutschen. Sie bestimmen, welche Denkbewegungen uns im Augenblick möglich sind. Die Ränder dieser Pfade sind so fest, dass sie uns als natürliche Selbstverständlichkeit vorkommen. Sie sind aber nicht unveränderbar. Bei manchen Krankheiten kommen sie ins Wanken (Wahn, Angst, Grübeln). Aber auch in der Psychotherapie hinterfragen wir die natürliche Selbstverständlichkeit unserer Grundannahmen und notieren die Bewegungen, auf die sie uns zwingen.
  28. Der Ort des Sinns sind Geschichten. In ihnen werden Verhaltensweisen sinnvoll. In ihnen spielt das Verhalten eine Rolle. In der Psychotherapie probieren wir verschiedene Geschichten aus und prüfen, welche für uns stimmig sind und welchen wir zustimmen wollen.
  29. Wenn wir fragen: „Unter welchen Bedingungen macht das Verhalten x Sinn?“, dann sind wir der logisch-grammatischen Untersuchung des Philosophen nahe. Durch welche Beschreibung wird unverständliches Verhalten sinnvoll? Welche Geschichte können wir uns denken, damit x „Sinn macht“ und für Patienten „ganz logisch“ ist?
  30. Die Verhaltensanalyse benutzt eine Sprache, nämlich die von Effekt, Konsequenz und Lernen. Diese Sprache kann sehr viele andere Begriffe zur Beschreibung unseres Verhaltens absorbieren. Unsere Alltagssprache kennt noch viele weitere Begriffe, um sich auf unser Verhalten einen Reim zu machen.
  31. In der Psychotherapie einigen wir uns auf eine Sprache, mit der der Patient sein Verhalten verstehen kann. Dafür müssen wir zunächst die Sprache des Patienten kennen. – Fragen! Zuhören! Bilder helfen! Nicht glauben, man verstünde!
  32. Der Patient kennt die prächtigen Straßen und dunklen Gassen seines Denkens. Wir folgen ihm.
  33. Die Gefühle weisen uns den Weg. (Dorthin wo es wichtig wird, bedeutsam wird).
  34. Verstehen: spüren, was es bedeutet, diesen Satz zu glauben.
  35. Selbstbeschreibung, Lebensbeschreibung, Weltbeschreibung, Krankheitsbeschreibung… Wir arbeiten zeitgleich an vielen Beschreibungen. All sie fließen ein in die individuelle Beschreibung einer einzelnen Szene. Das ist unsere Grundeinheit in der Psychotherapie.
  36. Auch die großen Mythen unseres Lebens haben sich einst aus Szenenbeschreibungen gebildet. Wenn sie uns jetzt als Interpretationsmuster in Schwierigkeiten bringen, müssen wir die alten Mythen mit neuen Mythen austreiben. Ob das gelingt, erkennen wir, wenn sich unsere Szenenbeschreibungen ändern. Dann haben alte Begriffe eine neue Bedeutung, eine neue Grammatik.
  37. Da, wo Grundannahmen eine Bewegung verhindern, laufen wir gegen eine Mauer. Versperren sie uns den Weg zu unseren Zielen, müssen wir die Mauern einreißen und die alten Pfade verlassen.
  38. Die individuellen Grundannahmen sind eng verwoben mit den Paradigmen der Zeit.
  39. Nach der Wahrheit wurde bei all dem gar nicht gefragt. Weder das philosophische noch das wissenschaftliche ist unser Sprachspiel in der Psychotherapie. Auch fragen wir nicht, wie Medikamente unser Denken verändern. Wohl aber fragen wir, wohin uns unser Denken führt. Nachdem wir die Grundannahmen kennengelernt haben, fragen wir uns: was, wenn wir sie konsequent anwenden? (Das Netz der praktischen Syllogismen).
  40. Zur Prüfung unseres Denkens können wir manchmal den Patienten das Spiel des Überprüfens und Hinterfragens beibringen.
  41. Das Ziel der Psychotherapie ist nicht Wahrheit, sondern es kann verschieden sein: Gesundheit, Glück, Wohlergehen, Trauern können, wieder funktionieren, Selbstermächtigung, Zielerreichung… Wir unterstützen, was der Patient braucht, ihm hilft, was er will und kann.
  42. Ein gutes Beispiel ist die Psychoanalyse: sie funktioniert nicht deshalb, weil sie wahr ist, sondern weil sie dem Patienten etwas gibt, was er braucht, will und kann (bzw. lernt er es während der Analyse). Sie gibt ihm eine neue Geschichte um sein Verhalten zu verstehen. Diese Geschichte wird bedeutsam, wenn der Patient ihr zustimmt.
  43. Der Begriff „Analyse“ ist daher irreführend; als ob man „Ursachen“ nachginge; oder etwas, was da ist, in seine Einzelteile zerlege; auch der Begriff „Tiefenpsychologie“ ist irreführend: als ob man in die Tiefe schürfe, etwa zu „Grundsätzlicherem“. Das sind marketing-Begriffe, die in der jeweiligen Zeit mehr oder weniger beeindrucken. Sie nutzen die Verbindung zu der Zeit, in der sie funktionieren. Das gilt natürlich auch für alle anderen Begriffe. Unsere Begriffe zeigen, wie wir gerne denken. (Der Zeitgeist zeigt sich im common sense.)
  44. In der Psychoanalyse machen die Patienten eine Erfahrung, die Behandlung ist für sie ein Erlebnis. Und zwar: ein Bedeutungserlebenis bzw. Erlebnis eines Bedeutungswechels ihrer bedeutsamsten Begriffe.
  45. Je größer das Problem, je länger die erfolglosen Lösungsversuche, je weiter die Implikationen, desto größer das Aha-Erlebnis bei deren Lösung.
  46. Das Aha-Erlebnis ist Teil unserer Sinngebungsmechanik. Mit ihm wird sozusagen der Richtigkeits-Stempel auf einen Satz gesetzt. Dadurch wird eine Möglichkeit zur Einsicht. (Die Psychoanalyse ist ein Sprachspiel mit hohem Einsichtspotential.)
  47. Das Aha-Erlebnis ist ein emotionales Erlebnis, ein Bedeutungserlebnis. Es ist das Glücksgefühl erfolgreichen Denkens und per se anti-depressiv.
  48. Das Aha-Erlebnis ist ein Akt der Zustimmung und Akzeptanz. Es ist das In-den-Speis-setzen-der Backsteine beim Bauen neuer Mauern. Deshalb brauchen wir es bei der Psychotherapie. Konfrontation zum Beispiel kann Mauern einreißen. Doch das nützt nichts, wenn wir nicht die Trümmer nehmen und ein neues Haus bauen.
  49. Auch der Richtigkeitssinn kann Irre gehen (Wahn).
  50. Das Gefühl, dass etwas nicht stimmt. Das Gefühl, dass jetzt alles stimmt. Wir können auf die falsche Fährte gelockt werden.
  51. Wie sehr hängen wir an unseren Einsichten? Das ist die Frage dem Maß der Vernunft, und nach Wesen des Grübelns auf der einen Seite und der fixen Idee auf der anderen.
  52. Wir machen Bedeutungen jederzeit, ehe wir uns versehen.
  53. Sinn machen ist das Alltäglichste der Welt.
  54. Am „Konstruktivismus“ ist richtig, dass wir unsere Welten konstruieren – doch in die Irre führen kann diese Formulierung, wenn wir uns darunter einen mystischen Vorgang des Weltkonstruierens in unserem komplex vernetzten Gehirn vorstellen (im Wahrnehmungs- und Denkapparat, welches selbst ein irreführendes Bild unserer Zeit ist). Vielmehr sollten wir dieses Konstruieren sehr praktisch verstehen: wir konstruieren Bedeutung durch unser Sprechen, unsere Geschichten (hierauf sollten wir Acht geben!) und wir schaffen uns unsere Welt durch die Art und Weise, wie wir sie gestalten. Daran ist nichts Mysteriöses. Jede Hausfrau kennt das beim Anbringen der Weihnachtsdekoration.
  55. Jeder hat seine Sprache.
  56. Kognitive Verhaltenstherapie ist Denktherapie, und daher Sprechtherapie.
  57. In unserem Leben führen wir viele Beziehungen und gestalten sie tagtäglich mit unseren Gesprächen. Wir verwenden unsere Beziehungs- und Gesprächsfähigkeiten. Das machen wir auch in der psychotherapeutischen Beziehung. Aber sie ist eine spezielle Beziehung, die man definieren kann. Es ist unsere Kunst, diese Beziehung, dieses Gespräch herstellen zu können.
  58. Kognitive Verhaltenstherapie ist eine Vernunftbeziehung und Arbeitsgemeinschaft für das Machen von Bedeutungen. Und selbstverständlich ist auch sie von der Kultur geprägt, in der sie stattfindet.
  59. Epiktet in Amerika: – „What is your project?“
  60. In der Psychotherapie übersetzen wir Manuale in Rituale. Oder: wir führen unsere Patienten in die Kunst dieser Übersetzung ein. Das können wir Magie nennen, wenn dadurch keine Verwirrung entsteht.

Footnotes

[1] Ich danke allen Teilnehmern der Ärztefrühkonferenzen an der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie des Universitätsklinikums Marburg und Gießen, während der viele der folgenden Bemerkungen zwischen März 2020 und Februar 2021 entstanden sind.